Studie belegt: Regierung in Tokio weiß um Giftstoffe in Walfleisch und lässt trotzdem Schulen und Hospitäler beliefern.
Madeira/München, 22. Juni 2009. Der Artenschutzorganisation Pro Wildlife liegt ein Papier regierungsnaher japanischer Forscher vor, das Zündstoff für die heute beginnende Tagung der /Internationalen Walfangkommission /(IWC) birgt: Der Studie zu Folge ist die Regierung in Tokio schon seit Jahren darüber informiert, dass Walfleisch aus dem so genannten "Wissenschaftswalfang" im Nordpazifik die japanischen Grenzwerte für PCB überschreitet. Dennoch ließ sie seit 2005 tausende Mahlzeiten aus genau diesem Walfleisch an Schulen und Krankenhäuser liefern, um die überquellenden Kühlhallen vor der nächsten Walfangsaison zu entlasten. "Japans Regierung gefährdet ganz bewusst die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft", sagt Dr. Sandra Altherr, die für Pro Wildlife an der Walfang-Tagung teilnimmt.
Für die Antarktis hat die japanische Regierung eigenmächtig eine Fangquote für 850 Zwergwale und je 50 Buckel- und Finnwale festgelegt, für den Nordpazifik 340 Zwergwale, 50 Bryde-, 100 Sei- und 10 Pottwale. Walfleisch ist stark mit Schadstoffen belastet, besonders mit Quecksilber und PCB (polychlorierte Biphenyle). Diese Giftstoffe können Arteriosklerose, Parkinson, Immunschwächen und Bluthochdruck verursachen. Sie gelten auch als Auslöser für Frühgeburten bei Schwangeren und Nervenschäden bei Kindern. Wale aus dem Nordpazifik sind stärker belastet als Wale aus der abgelegenen Antarktis.
Das Papier regierungsnaher Forscher zeigt nun, dass das von 2002 bis 2007 untersuchte Zwergwalfleisch die japanischen Grenzwerte für PCB überschreitet — teils um das bis zu 20fache. "Trotz dieser Ergebnisse schreckt die Regierung in Tokio nicht davor zurück, das belastete Walfleisch gleich tonnenweise an Schulen und Krankenhäuser zu verteilen", so Altherr.
Tonnenweise Sondermüll als "gesundes Essen" verteilt
Japans Regierung will um jeden Preis seinen Walfang ausweiten, um die IWC zu einem Aufheben des kommerziellen Walfangverbots zu zwingen. Dabei ist der Regierung jedes Mittel recht: Die überquellenden Kühlhallen müssen geräumt werden, um Platz für die nächste Walfangsaison zu schaffen: "Dann werden Sonderaktionen organisiert, bei denen binnen zwei Tagen 200.000 Lunchpakete an Schulen verteilt werden", berichtet Altherr. 2005 startete die Regierung eine Kampagne, um Walfleisch als "gesundes Essen" in Schulen einzuführen. Bereits 2006 gaben 3.500 Schulen im ganzen Land die mit PCB und Quecksilber belasteten Lunchpakete an Kinder aus. Nun liegt der Beweis vor, dass die Regierung in vollem Bewusstsein um die Gesundheitsrisiken handelte. "Was die Regierung in Tokio betreibt, ist fahrlässige Körperverletzung im großen Maßstab", so Altherr. Der aktuelle Bericht "Toxic Menu" von Pro Wildlife und der Schweizer Organisation OceanCare gibt einen Einblick in die Vorgehensweise der japanischen Regierung.
Walfangtagung: Notbremse oder grünes Licht für Giftmenüs?
Vom 22. bis 26. Juni findet auf Madeira die 61. Jahrestagung der /Internationalen Walfangkommission /(IWC) statt. Auf der Tagesordnung steht unter anderem ein Kompromissvorschlag, der Japan Küstenwalfang zugestehen würde — und damit das seit 1986 bestehende kommerzielle Walfangverbot de facto aufheben würde. "Es wäre ein Skandal, wenn Japan seinen Walfang im Nordpazifik sogar noch legitimiert bekäme. Dann würde sich die IWC an der Vergiftung der japanischen Kinder mit schuldig machen". Die Pro Wildlife Sprecherin fordert die internationale Staatengemeinschaft auf, stattdessen Druck auf Japan zu machen, damit die Regierung keine Schulen mehr mit dem giftigen Walfleisch mehr beliefert.
Weitere Informationen dazu: Bericht "Toxic Menu"
Über Pro Wildlife:
Pro Wildlife ist eine gemeinnützige Organisation, die sich global für den Schutz von Wildtieren und ihrer Lebensräume einsetzt. Weltweit unterstützt Pro Wildlife Artenschutzprojekte vor Ort und leistet Aufklärungsarbeit, um Wildtierhandel und Wilderei einzudämmen.
Pro Wildlife nimmt an Konferenzen wie der Internationalen Walfangkommission (IWC), dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen (WA, engl. CITES) oder der Konvention zum Erhalt der Biodiversität (CBD) teil, um den Schutzstatus von Wildtieren weltweit zu verbessern.
Quelle & weitere Infos:
Pro Wildlife e.V.
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